Wem lasten wir die Bürde auf, nach unserem Tod hinter uns herzuräumen?
Nein, ich bin nicht krank und mein Ende steht, soweit es in meiner Macht liegt, noch nicht unmittelbar bevor. Trotzdem ist dies ein Thema, das mich umtreibt und mehr und mehr beschäftigt.
Was passiert mit all unserem Besitz, wenn wir nicht mehr auf dieser Welt sind? Wer kümmert sich darum, all dies zu verkaufen, zu verschenken oder zu entsorgen? Wer schon einmal einen Haushalt aufgelöst hat, der weiß, wovon ich spreche. Gerade, wenn es sich um nahe Angehörige handelt und die emotionale Bindung hoch war, ist die Aufgabe besonders schwer. Unmöglich wird diese Aufgabe dann, wenn man auf dem Sterbebett noch darum gebeten wird, nicht das ganze Hab und Gut auf den Müll zu schmeißen.
Wir wissen alle, dass wir irgendwann einmal sterben müssen, keiner hofft natürlich, dass es schon bald sein wird, aber es kann immer und jederzeit passieren. Können wir etwas tun, um denjenigen, die unseren Haushalt auflösen müssen, die Arbeit und die Entscheidungen zu erleichtern?
Es gibt zu diesem Thema ein kleines Buch von Margarete Magnusson. Es heißt:
Frau Magnussons Kunst, die letzten Dinge des Lebens zu ordnen
Frau Magnusson ist, wie wir es formulieren würden, eine ältere Dame aus Schweden. Sie ist in ihrem Leben viel umgezogen und hat sehr oft den Haushalt der verstorbenen Verwandtschaft auflösen müssen. In ihrem kleinen Büchlein beschreibt sie sehr schön, wie man in seinem ganzen Leben darauf achten sollte, niemandem die Last aufzubürden, nach seinem eigenen Tod hinter einem aufräumen zu müssen.
Sie hat für diese Tätigkeit und Sichtweise auf das Leben das schwedische Wort „döstädning“ gefunden. „Dö“ heißt Tod und „städning“ aufräumen und reinemachen. Das ganze Leben wird aufgeräumt und ausgemistet. Einige werden vielleicht den Ausdruck „death cleaning“ kennen, was das gleiche Phänomen beschreibt.
Dieses Thema, das Hinterherräumen, wie Frau Magnusson es nennt, hinter einem lieben Menschen, der gestorben ist, wird immer mehr von uns ereilen. Viele derer, die jetzt sterben, sind im Krieg oder in der Nachkriegszeit geboren. Sie haben Mangel und Entbehrung kennen gelernt, somit gelernt, jeden Gegenstand wertzuschätzen. Daher haben sie ihre Häuser oder Wohnungen mit allem, was sie in ihrem Leben erworben oder geschenkt bekommen haben, gefüllt.
Margarete Magnusson hat aus Ihren Erfahrungen gelernt und das „döstädning“ zu einem ständigen Begleiter in ihrem Leben gemacht. Sie sagt in ihrem Buch: “ Wir müssen uns ein Leben lang bemühen, unsere Wohnung in Ordnung zu halten, damit die Haushaltsauflösung einfacher wird.“
„Will ich Gegenwart und Zukunft mit dem Kram der Vergangenheit vollstopfen?“
Ich glaube nicht, dass viele aus der Generation, der in den 30er und 40er-Jahren Geborenen, dieses Prinzip noch umsetzen können. Aber was ist mit denen, die in den 50er oder 60er Jahren geboren wurden? Wir, ich gehöre auch zu dieser Generation, haben keinen Mangel erlebt und stehen heute vor vollen Wohnungen, die wir leeren müssen. Wir sollten darüber nachdenken, wie wir unsere eigenen Wohnungen und Häuser hinterlassen wollen. Und dies gilt nicht für einen Tag in vielen Jahren, sondern für jeden Tag ab heute.
Warum auch die Jüngeren ihre Wohnungen mit allem möglichen füllen hat viele Gründe. Aber dieser Satz, „Will ich Gegenwart und Zukunft mit dem Kram der Vergangenheit vollstopfen?“ ist so wahr und richtig, dass es sich wirklich lohnt, darüber nachzudenken. Sie schreibt, dass eine Fülle an Dingen nicht ein erfülltes Leben bedeutet und ihre Wohnung nicht leer ist, sondern angefüllt ist mit Freiräumen. Wunderbare Sätze.
Sie legt eine Kiste an mit der Aufschrift „Wegschmeißen, wenn ich nicht mehr da bin“. Da hinein kommen sehr persönliche Sachen, von denen sie nicht möchte, dass sie sich jemand anschaut. Einmal, weil sie sehr intim sind und zweitens, weil sie nicht möchte, dass sich ihre Nachkommen mit diesen Themen auseinander setzen müssen und es vielleicht noch zu Streitigkeiten kommt. Sie muss allerdings damit rechnen, dass doch jemand hineinschaut.
Wenn es also Dinge gibt, von denen ich nicht möchte, dass andere sie sehen oder lesen, z. B. Briefe oder Bilder, dann muss ich sie vernichten.
Will ich meine Kinder oder Freunde mit meinem angehäuften Krempel belasten?
Es geht nicht darum, alles so umzusetzen, wie Frau Magnusson es beschreibt. Sich aber mit dem Thema einmal auseinanderzusetzen ist für jeden von uns wichtig. Was passiert mit meinem Krempel, wenn ich nicht mehr bin. Will ich wirklich meinen Kindern oder Freunden zumuten, Tage oder Wochen damit zu verbringen, meine alten Papiere, Bücher, Keller oder Dachböden zu durchforsten, zu entscheiden nach wichtig und unwichtig und zu entmüllen? Dinge zu durchforsten, die mir einmal wichtig waren, zu denen sie aber gar keine Beziehung haben?
Ich höre des Öfteren den Satz: Wenn meine Familie etwas von mir erben will, dann soll sie sich auch um meine Sachen kümmern. Natürlich kann man so denken, aber vielleicht wollen die Kinder oder Hinterbliebenen diese Dinge gar nicht. Vielleicht sind sie selbst schon in einem Alter, in dem sie sich nicht noch geerbte Dinge in die Wohnung stellen wollen. Nur, weil ich etwas schön finde heißt es ja nicht, dass auch andere diese Dinge schön finden müssen. Frau Magnusson sagt, man solle nicht an Dingen hängen, die offensichtlich keiner will. Fragen Sie rechtzeitig, wer etwas haben will und der Rest darf gehen. Ich möchte nicht in einer leeren Wohnung leben aber ich möchte mich nur noch mit Dingen umgeben, die ich wirklich liebe und mag.
Wie gehe ich selbst mit diesen Erkenntnissen um?
Ich habe schon mehrfach anderen dabei geholfen, die Wohnungen ihrer Angehörigen zu leeren. Jetzt bewege ich mich mit großen Schritten auf den Tag zu, an dem ich das Haus meiner Kindheit ausräumen muss. Zum Glück nicht alleine aber mir graut sehr davor, auch, weil in den letzten 50 Jahren nichts aus diesem Haus heraus gegangen ist. Es ist voll mit Erinnerungen, mit guten und nicht so guten. Da wird es auch für mich als Ordnungscoach schwierig, diese emotionale Aufgabe zu bewältigen.
Ich werde auf Frau Magnussons Rat hören und mir die Freiheit gönnen, nicht mehr alles besitzen zu müssen und mehr Lebensfreude zu haben, indem ich Dinge loslasse. In diesem Sinne werde ich die Aufgabe in meinem Elternhaus bewältigen und so möchte ich meine Wohnung aufgeräumt haben, um irgendwann mit einem guten Gefühl gehen zu können.
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